22.07.47: Das erste und letzte Jahrzehnt des Lebens


Elias Hauster an Julius und Rachel Hauster (Greif):



Radauti 22/7 1947

Liebe Kinder, lieber Jul!

Wir danken herzlichst für die Liebessendung von 3,6 Mill. Wir haben hier schwere Tage gehabt. Dr. [Rachmuth] (jung, sehr tüchtig) konstatierte ebenfalls bei d. Mutter ein Exsudat [Anm.: med. "Ausschwitzung"] (flüss. [...] im Rippenraume), er meint es wäre die Folge einer vernachläss. Grippe u. ordnete eine Röntgenisierung an, da die Notw. von Punktierungen zu befürchten war, in welchem Falle die Heilungsaussichten gering sind. Aber glücklicherweise ergab die Durchleuchtung, daß die [...] nur dünn ist u. durch Ruhe (absol.) sowie Harntreibmittel beseitigt werden kann. Der Spaß hat mich ~ 1 ¾ Mill. gekostet, die Röntg. allein 700000 Lei; das ist noch mäßig. Jetzt brauchen wir beide deine Cardiazol-Ephedrin-Herztropfen; die Kultusgemeinde hat unsere Bitte um Gratisbezug dieses Herzmittels abgewiesen. Vor allem ist es für uns aber eine Lebensfrage, sehr schnell ins Jointheim [Anm.: s. Brief vom 04.02.47] zu kommen, denn im 1. und letzten Jahrzehnt seines Lebens kann der Mensch keine Eigenwirtschaft führen, sondern muß in einer organisierten Gemeinschaft leben. Ich mache jetzt alles, kaufe ein, koche, trage Wasser u. Kanal etc. Aber mir droht täglich der phys. Zusammenbruch, da auch ich invalid bin u. dabei noch die Laufereien in die Kultusgemeinde, zur Apotheke etc. zu besorgen habe. Was macht Schellachen? Frau E. hat uns 1-2 Tage geholfen u. Naturalien im Werte von 100000 Lei gestohlen, trotzdem die Hilfe nicht umsonst war.

Wir küssen euch, eure Alten.

No comments: