16.12.47: Die Goiserer und die Strümpfe


Elias Hauster an Julius und Rachel Hauster (Greif):




Radauti 16/12 1947

Liebe Kinder, lieber Jul!

Heute durch die von dir genannte Dame das Pakett samt Brief erhalten, die Schuhe passen sowohl der Mutter, bezw. auch mir, sehr gut, die geringfügige Reparatur bei den Goiserer [Anm.: Schnürschuhe - handgefertigt - aus Bad Goisern, Österreich] werden wir bewirken - die 1000 Lei erhalten. Dank u. Vergelts Gott euch für alles. Deine Odyssee mit dem Ausreisevisum stimmt uns sehr mißlich. Ein Ingenieur, u. gerade ein solcher, darf doch nicht im Lande versauern, sondern muß die Welt sehen, um dann die Erfahrungen zu Nutz u. Frommen seines Vaterlandes zu verwerten. Und wenn du eine Auslandsreise zwecks Studiums auswärtiger Überlandzentralen u. Kraftwerke unternehmen wolltest: da soll man dir doch keine Hindernisse in den Weg legen!! Wenn alle Mittel versagen, wird euch nichts anderes übrig bleiben, als das Palästinaprojekt zu erwägen, dorthin fährt jeder ohne jemanden zu fragen, doch mußt du die Sache so einrichten, daß du von dort weiter kannst u. nicht bei der Ausreise aus Palästina auf Schwierigkeiten stoßest. Man unternimmt ja (in normalen Zeiten) oft Rundreisen u. macht absichtlich einen Umweg, um recht vieles zu sehen. Wenn du ein Palästinazertifikat bekommst u. die Alijah [Anm.: hebr. "Auswanderungswelle nach Palästina"] abwarten kannst, dann kostet euch die Herreise [Hinreise] gar nichts (d. h. die Schiffskarte). Doch kann man nur einen Rucksack u. eine Brottasche pro Person mitnehmen. Ich hoffe, Gott wird eurer Liebestaten an uns gedenken u. euch recht bald helfen. Meine Pension wird jetzt umkalkuliert, vielleicht können wir euch recht bald ganz entlasten.

Wir beten für euch, viele Grüße, eure Alten.


Auch die Strümpfe komplett erhalten.

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